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Die Evangelische Erlöserkirche in Essen ist eines der schönsten neoromanischen Kirchenbauwerke im ganzen Ruhrgebiet. Sie bietet heute nicht nur gemeindlichen Gottesdiensten einen Raum, sondern bietet über das Jahr verteilt vielen kunst- und kulturinteressierten Menschen aus ganz Deutschland viele verschiedene hochkarätige Veranstaltungen. Hier sind vor allem die Konzerte des Essener Bachchores zu nennen, die Jahr für Jahr fester Bestandteil in der Essener Kulturszene sind.
Der Bau der Erlöserkirche in Essen zog sich über eine ungewöhnlich lange Zeit von ersten Planungen im Jahr 1896 bis zur Einweihung 1909 hin. Die Baugruppe besteht aus der Kirche, dem Pfarrhaus und Konfirmandensaal und dem Glockenturm, der beide Teile miteinander verklammert und den weitsichtbaren Hauptakzent des Baus setzt.
Die Erlöserkirche ist ein Hallenbau mit Querschiff und umlaufender Empore. Die polygonale Apsis wird von zwei Rundtürmen eingerahmt. Polygonal gebrochen sind auch die Querhausfronten, während die Emporenaufgänge, die die Fassade flankieren, mit einem runden Abschluss enden. Eine breit angelegte Treppe steigt zu einer Dreiergruppe von Säulenportalen auf, die den Weg in die Vorhalle öffnen. Sie sind im Verhältnis zur Fassade sehr hoch angesetzt und tief eingeschnitten. Darüber öffnet sich eine Arkadenreihe aus sieben rundbogigen Fenstern, über deren Mitte ein romanisches Rundbogenfenster eingeschnitten ist. Der Giebel wird von einer aufsteigenden Dreiarkadengruppe begleitet. Im obersten Bogen befindet sich die Statue des Erlösers.
Die Gesamtlänge der Kirche beträgt 50 Meter, sie bietet Raum für 1200 Personen, wovon 500 auf den Emporen Platz finden. Der Außenbau besteht aus Ohlsbrücker Sandstein, der Sockel aus Niedermendinger Basaltlava.
Der Formenapparat, der uns hier begegnet, wird aus der Romanik zitiert. Charakteristisch für diesen Stil sind dickwandige Mauern, in die tiefe Öffnungen eingeschnitten werden. Im Gegensatz dazu werden die Wandvorlagen flach aufgelegt.
Der für die Erlöserkirche benutzte neoromanische Stil ist dadurch charakterisiert, dass der Bau aus explizit bestimmbaren Zitaten zusammengesetzt ist. Er entstand aus denkmalpflegerischen Impulsen, die im 19. Jahrhundert im Rahmen der romantischen Mittelalterbegeisterung aufkeimten. So wurde zum Beispiel der Westbau des Doms in Speyer in romanischen Formen, welche ins 19. Jahrhundert transportiert wurden, wieder aufgebaut. Am Ende dieses Jahrhunderts förderte vor allem Wilhelm II. als kunstbegeisterter Monarch die neoromanische Architektur. Er sah in ihr die Wiederaufnahme des Gedanken Friedrich Barbarossas, des "renovatio imperii", und benutzte so staufische Architekturformen als Hinweis auf Nachfolge und Erbschaft des mittelalterlichen Kaisertums.
So kann man in der Erlöserkirche Essen in der Apsiszone ein Zitat des Wormser Doms finden. Dessen Westchor und die Westtürme (1171-1181) bilden eine charakteristische Baugruppe. Der polygonale Chor mit 5/8 Abschluss wird von Rundtürmen eingerahmt. Bei näherem Vergleich werden jedoch einige Unterschiede deutlich. In Essen werde die Türme nur in drei Segmente gegliedert. Die durchlaufende Zwerggalerie der Apsis fällt weg. Sie wirkt durch die vertikale Gliederung durch die Strebpfeiler wuchtig und kompakt. Das resultiert auch aus der horizontalen Gliederung und gleichzeitiger Verklammerung mit den Türmen und Querhausarmen mittels durchlaufender Gesimse. Die Anordnung der Fenster zeigt ebenso Unterschiede.
Der Architekt der Erlöserkirche in Essen, Franz Schwechten, übernimmt hier eine archetypisch romanische Baugruppe und formt sie in einer eigenen, das Vorbild erkennbaren Weise um.
Andere Zitate sind zum Beispiel die Portale, die ihren Ursprung in der sächsischen Romanik haben, die Emporenaufgänge sind Zitate der Apsis des Speyerer Doms, die Form des Rundfensters lässt sich aus dem Limburger Dom herleiten.
Das auffallendste Charakteristikum des Gesamtbaus ist zweifelsohne der mächtige Glockenturm, der in der Art eines italienischen Campanile neben der Kirche aufsteigt. Er vermittelt durch seinen quadratischen Grundriss und die nur wenig durchgliederte Mauerfläche der ersten beiden Geschosse einen wuchtigen Eindruck. Darüber öffnen sich die Arkaden des Schallgeschosses, worüber sich eine weitere rundbogige Arkadenreihe erhebt, die von polygonalen Ecktürmchen eingefasst wird. Über den Giebeln des Uhrgeschosses schließt ein Zeltdach den Bau ab. Auffallend ist die vertikale Gliederung des Baus durch kräftige Ecklisenen, die erst in den Ecktürmchen enden. Die einzelnen Wände werden ebenfalls durch Lisenen und Rundbogenfriese in querrechteckige Felder gegliedert. Erst im oberen Teil des Turmes werden die Wände durchbrochen. Ein direktes Zitat scheint hier nicht erkennbar, die wuchtige Masse des Turms erinnert aber stark an die Abteikirchen in Murbach oder Maursmünster im Elsaß.
Vom Turm der Erlöserkirche läuten seit dem 30. Oktober 1955 wieder drei Glocken. Von diesen sind die beiden großen ehemalige Glocken der Evangelischen Marktkirche in Essen.
Am ältesten ist die nach Größe, Gewicht und Tonlage mittlere Glocke des jetzigen Geläuts. Sie ist im Jahre 1812 in der Glockengießerei P.C. Sartorius gegossen worden, sie hat einen Durchmesser von 1,15m, wiegt 920kg und hat den Schlagton f. Früher läutete diese Glocke jeden Abend um 21 Uhr vom Turm der Marktkirche.
Die größte Glocke ist 1842 in der Glockengießerei Petit & Edelbrock in Gescher (Westfalen) gegossen worden. Sie hat einen Durchmesser am unteren Glockenrand von 1,51m und wiegt 2.310kg. Ihr Schlagton ist d. Die Inschrift dieser Glocke kennzeichnet die Zeit, in der sie verfasst wurde: "Zum Tempel, so rufe ich, wallet vereint. Froh jauchze ich, wenn euch ein Festtag vereint. Laut fordere ich Huelfe in Aengsten der Not und dumpf, ach! und traurig ertoen ich beim Tod." Diese Glocke hat die Stadtgemeinde früher als Brandglocke benutzt.
Am 15.09.1955 wurde in Gescher eine neue Glocke mit dem Ton g gegossen. Sie wiegt 749kg bei einem Durchmesser von 1,05m. In Erinnerung an das alte Erlöserkirchengeläut hat man ihr die Inschrift: "Ach bleib mit deiner Treue bei uns mein Herr und Gott" gegeben.
1962 werden zwei neue Glocken den Kirchturm hinaufgezogen und ergänzen die drei bisherigen Glocken. Sie sind in as und c gestimmt und bilden mit den drei anderen Glocken wieder den vollen Klang des Erlösergeläuts.
Der Innenraum der Kirche bietet ein gänzlich anderes Bild, als der Außenbau erwarten ließe. Ein geräumiger Saal gibt den Blick frei auf Altar, Kanzel und Taufstein. Nur vier Rundpfeiler tragen die Pendentifs, auf denen die Kuppel ruht. Vier weitere Pfeiler tragen die drei Joche des Kreuzgratgewölbes, die den südlichen Teil des Langhauses und die Sängerempore überspannen. Im Norden bildet je ein Joch über Altar und Orgelempore den Abschluss des Raumes. Die Innenschale der Wand wird von einer Empore umspannt, die von überall den Blick auf den Altar freigibt. Die Raumausnutzung des relativ bescheidenen Kircheninneren ist auf bemerkenswerte Weise gelöst.
(Paul Vogt, Aus der Festschrift der Erlöserkirchengemeinde von 1959; gekürzt)
Die Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges machten es erforderlich eine Neugestaltung schon in den ersten Nachkriegsjahren in Angriff zu nehmen. Bis spät in die 1950er Jahre blieb das Innere der Erlöserkirche ein Provisorium. 1957 erhielt nach langen Überlegungen des damaligen Presbyteriums der Soester Künstler, Innenarchitekt und Pädagoge Hugo Kükelhaus den Auftrag den Innenraum neu zu gestalten.
Die Grenzen der Umgestaltung blieben streng durch den Altbau gezogen, da an der Architektur selbst nichts geändert werden konnte und sollte. Hugo Kükelhaus konnte lediglich versuchen, durch eine Befreiung der vorhandenen Bauformen vom Beiwerk des Altbaus, einer mit ausgesprochen architektonischen Funktion sowie mit der Innenausstattung einen veränderten, den heutigen Forderungen entsprechenden Raumeindruck zu gewinnen.
Als erstes fällt eine Schlichtheit im Gesamteindruck auf, die durch eine klare, ihre Funktion betonende Gliederung der Bauteile erreicht wird. Zugleich gewinnt der Raum dadurch optisch eine größere Weite und Höhe. Durch den glatten Verputz und den hellen Anstrich der Säulen wurde die bis dahin bestimmende Quaderung unsichtbar gemacht, die einst den Eindruck wuchtiger Schwere hinterließ. Hell steigen nun die Säulen empor. Schmucklos, doch dadurch in ihrer architekurlichen Wirkung betont, schwingen die Bögen durch den Raum, den die wiederaufgebaute Kuppel, auch sie jetzt undekoriert, überspannt. Diesen Eindruck verhaltener Schlichtheit verstärkt der Raumabschluss durch eine glatte und dunkle Altarwand, vor der sich Taufstein wie Altarmensa betont abheben. Wie ein Teil des Baukörpers wirkt auch der neue dreigeteilte Orgelprospekt, der hoch aufragend die Empore abschließt.
Auch die Entwürfe für die Gitter, Türen und Fenster stammen von Hugo Kükelhaus. Die unteren Fensterreihen wiederholen das gleiche Thema des Baumes, sie sind farbiger als die größeren der Empore, in deren Rundbögen Reminiszenzen an Himmelskörper, Sonne und Sterne mitschwingen. Lediglich die sieben Fenster über der Empore der Eingangsseite sind von großer Kraft der Farben. Sie strahlen in tiefem Blau und flammendem Rot auf, stark und festlich. Das Lichtband der Fenster harmoniert dabei glücklich mit den leichten, fast zierlich wirkenden Emporengittern sowie mit der Eingangstür, die der gleichen Formensprache entsprangen.
Die heutige Kanzel steht heute frei im Raum. Aus Holz gefertigt, fast vegetabil aufwachsend, erhebt sie sich über einem steinernen Unterbau, der sich trotz des Treppenansatzes nach unten zu verjüngen scheint.
Das heutige Taufbecken (von Gisela Schmidt-Reuther) geht vom Grundgedanken der Taufschale aus. Eine dunkle, flache und schlichte Schale ruht auf einem runden Unterbau aus Stein, der entfernt an eine stützende und haltende Hand erinnert, ohne jedoch naturalistische Formen zu zeigen. Um eine Stufe in den Altarraum vertieft, wird sie von einem schlichten geschmiedeten Gitter umschlossen. An den Zugängen ist eine Kette eingehängt, die auf der einen Seite das Bild der Taube, auf der anderen das des Fisches trägt.
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